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Einmaliges Projekt in Bremen holt Männer an die Grundschulen Von Irena Güttel

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An vielen Grundschulen unterrichten keine Männer. Ein Bremer Projekt
soll das ändern. Es schickt Lehramtsstudenten an die Grundschulen.
Manche Schule musste dafür erst eine Herrentoilette einrichten.

Bremen (dpa) – Kristian Bunte ist eine Ausnahme: Er arbeitet als
Lehrer an einer Grundschule in Bremen und ist damit der einzige Mann
im Kollegium. Ein Einzelfall ist der 29-Jährige jedoch nicht. An
vielen deutschen Grundschulen sind Männer Mangelware. So waren nach
Angaben des Statistischen Bundesamtes im Schuljahr 2015/2016 unter
den rund 105 000 Vollzeit-Lehrkräften an Grundschulen gerade mal 17
300 Männer. Das bundesweit einmalige Projekt «Rent a Teacherman» der
Universität Bremen soll das ändern. Es «vermietet» seit fünf Jahren
sozusagen Lehramtsstudenten an männerlose Grundschulen.

Die Idee dazu hatte der Erziehungswissenschaftler Christoph Fantini.
Viele Kinder würden in der Kita und der Grundschule nicht auf einen
einzigen Mann treffen. «Dadurch entstehen sehr stereotype Bilder in
ihren Köpfen: Männer sind stark und machen was mit Maschinen. Frauen
sind schlau. Deshalb können sie studieren und Lehrerin werden», sagt
Fantini.

An 10 der 17 Bremer Grundschulen ohne männliche Lehrkraft sind seine
Studenten im Einsatz. Manche Schulen mussten dafür erst noch eine
Herrentoilette einrichten. Die Studenten leiten Sport- oder
Theater-AGs, unterstützen die Lehrerinnen und übernehmen den
Sexualkundeunterricht für die Jungen. Sobald sie ihren Bachelor
haben, dürfen sie an zwei Tagen in der Woche auch alleine vor der
Klasse stehen. Zwölf Lehramtsstudenten beschäftigt Fantini zurzeit.
«Diese tauchen inzwischen auch auf Kollegiumsfotos auf», sagt
Fantini. Das Bremer Bildungsressort wertet das Projekt ebenfalls als
Erfolg und will es weiterhin finanziell unterstützen.

Dass mehr Männer an Grundschulen unterrichten sollten, findet auch
Ilka Hoffmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Das
Bremer Projekt sieht sie dennoch kritisch. «Ich halte es für
problematisch, dass männliche Studierende an Schulen unterrichten
dürfen, weibliche dagegen nicht.» Außerdem greift ihr das Projekt zu
kurz. «Es gibt nicht nur das Rollenvorbild Mann. Das Lehrerzimmer
muss insgesamt bunter werden.» Dazu gehörten auch Lehrer mit
ausländischen Wurzeln oder Behinderungen.

Auch andere Universitäten wollen mehr Männer für die Grundschulen
begeistern. Die Uni Hamburg informiert zum Beispiel Schüler über die
Arbeit von Grundschullehrern und vermittelt Praktika. An der Uni
Hildesheim gibt es Workshops für Lehramtsstudenten, die für
Geschlechterfragen sensibilisieren. «Angehende Lehrer sind
Multiplikatoren», sagt Sabrina Zourelidis vom Gleichstellungsbüro.
«Um die Stereotypen zu durchbrechen, setzen wir an der Ausbildung
an.»

Kristian Bunte arbeitete drei Jahre lang als «Teacherman». Seit
Anfang dieses Schuljahrs ist er Lehrer für Mathe und
Naturwissenschaften an einer Grundschule im Bremer Norden. «Ich habe
das Gefühl, dass Jungen schneller den Kontakt zu mir suchen. Deshalb
habe ich gleich einen Draht zu denen.» Auch deshalb sind männliche
Lehrkräfte nach Ansicht Fantinis so wichtig. Sie sind nicht nur
Rollenvorbilder für die Jungen, sondern auch Vertrauenspersonen – mit
denen sie über Sexualität sprechen können oder durch die sie sich auf
Klassenfahrten aufgehoben fühlen.

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