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Was macht Schleswig-Holstein richtig – und Baden-Württemberg falsch? Von Wolfgang Schmidt und Julia Giertz, dpa

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Fleißige Lehrer und eine solide Schulstruktur auf der einen Seite,
Unruhe im Bildungssystem und Qualitätsprobleme auf der anderen: Auf-
und Absteiger des Kompetenz-Rankings in einer Gegenüberstellung.

Kiel/Stuttgart (dpa) – In Bildungsvergleichen hat SCHLESWIG-HOLSTEIN
lange schlecht abgeschnitten. Nun bringen die Neuntklässler das Land
im Norden mit guten Test-Leistungen in Deutsch und Englisch unter die
Top 3. Das von SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband
regierte Land Seite an Seite mit den unions-geführten, traditionell
auf Leistung setzenden Bayern und Sachsen – wie konnte das geschehen?

Eine klare Antwort aus Kiel gibt es nicht, aber einige Bausteine. Zum
einen spielt Qualität eine größere Rolle, seit die Schulstruktur
mit Gymnasien und Gemeinschaftsschulen steht und nicht angetastet
wird. Das akzeptierte Zwei-Säulen-Modell biete einen guten Rahmen, um
sich auf die Verbesserung der Qualität zu konzentrieren, sagt
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Britta Ernst (SPD).

Sie sieht auch eine Bestätigung für Programme wie «Lesen macht stark
– niemanden zurücklassen». Darüber seien mit Lesemappen 77 000
Schüler gefördert worden, mit 600 sogenannten Lesecoaches im Einsatz.

Eine wichtige Rolle spielt auch ausgeprägter Fortbildungsfleiß der
Lehrer im Norden. Von den Befragten sagten 87 Prozent, sie nähmen
regelmäßig an Fortbildungen teil. Dieses hohe Engagement der Lehrer
macht offenkundig zum Teil auch wett, dass der Norden bei den
Ausgaben je Schüler noch hinterherhinkt.

Die Bildungsgewerkschaft GEW fügt anerkennend hinzu, an den seit 2007
eingeführten Gemeinschaftsschulen gebe es mehr Lernzeit und
Differenzierungsmöglichkeiten als davor an Haupt- und Realschulen.
Der gemeinsame Unterricht führe zudem dazu, dass leistungsschwächere
Schüler von den besseren lernen.

In BADEN-WÜRTTEMBERG ist der Katzenjammer groß. Vom erfolgsverwöhnten
Primus hat sich das Land in Richtung der Schlusslichter entwickelt.
Vor den niederschmetternden Ergebnissen der IQB-Bildungsstudie im
Fach Deutsch hatten bereits zwei andere Untersuchungen dem Land
jüngst attestiert, es hinke beim Ausbau von Ganztagsschulen
hinterher.

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) steht kurz nach Beginn ihrer
Amtszeit vor großen Herausforderungen. Vor allem will sie der Frage
auf den Grund gehen, ob die Lehrkräfte effizient genug eingesetzt
sind. Dabei hofft sie auf Hilfe vom Landesrechnungshof, der den
Ressourceneinsatz überprüften soll.

Anders als Parteikollegen gefällt sich die Christdemokratin nicht
darin, mit dem Finger nur auf ihre Vorgänger zu zeigen. Da die
Kompetenzen der Neuntklässler im Mittelpunkt standen, kann weder die
von Grün-Rot eingeführte Gemeinschaftsschule verantwortlich für das
Desaster sein, noch der Wegfall der verbindlichen
Grundschulempfehlung, verbunden mit der Möglichkeit einer Ablehnung
durch die jeweilige Schule.

Dennoch wird das Thema im «Ländle» für parteipolitische Scharmützel
genutzt. Die oppositionelle FDP-Fraktion spricht von der «giftigen
Saat einer linksideologischen Schulpolitik», die jetzt aufgegangen
sei. CDU-Fraktionsvize Winfried Mack sieht in den einst von Grün-Rot
initiierten Reformen an einer ehemals funktionierenden und
leistungsstarken Schulstruktur den Grund für das Abrutschen im
bundesweiten Ranking. Und auch der Philologenverband hält die
«massive Umgestaltung der Schulstruktur» unter der jetzt durch
Grün-Schwarz abgelösten Regierung für die Ursache von Verlusten.

Eisenmann hält sich mit schnellen Urteilen über das Ranking-Fiasko
zurück. Es gebe an den Schulen im Südwesten ein Qualitätsproblem,
«Hauruck-Antworten» will sie aber nicht geben. «Die Studie führt uns
drastisch vor Augen, dass wir uns auf die Kernkompetenzen
konzentrieren sollten, statt immer mehr Schulversuche zuzulassen»,
sagt die CDU-Frau.

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